Münsterische Sozialrechtsvereinigung e. V.

17. Münsterische Sozialrechtstagung

Kooperationsfelder und Steuerungsmechanismen in GKV und PKV – wer lernt von wem?

Das duale Krankenversicherungssystem in Deutschland wird seit jeher kontrovers diskutiert. Viel ist da die Rede von einer „Zwei-Klassen-Medizin“ und der Flucht der Wohlhabenden aus dem Solidarsystem. Auf der anderen Seite beklagt sich die Private Krankenversicherung darüber, die GKV durch hohe Arzthonorare subventionieren zu müssen und so die Solidarität überhaupt erst bezahlbar zu machen. Gesetzlich Versicherte empfinden die Versorgung oft als unzureichend, die Krankenkassen als wenig serviceorientiert. Ärzte fühlen sich pauschal unter Verdacht: einerseits sollen sie Kassenpatienten benachteiligen, andererseits Privatversicherte überflüssig behandeln. Hinter diesem Dilemma steht die Problematik zweier von Grund auf unterschiedlicher Systeme, zwischen denen es fast schon zwangsläufig zu Reibungspunkten kommen muss. Die Politik hat in der Vergangenheit versucht, dieser Problematik dadurch zu begegnen, dass sie die Systeme klar voneinander abgrenzt und vor allem die Position der GKV gestärkt hat. Die Krankenkassen haben Mechanismen an die Hand bekommen, die eine effektive Kostenkontrolle ermöglichen sollen. Darüber hinaus konkurrieren sie seit Einführung der Wahltarife auch im lukrativen Markt der „Komforttarife“ mit den Privaten. Dennoch bleibt die Krankenversicherung ein Sorgenkind im Diskurs um soziale Sicherheit in Deutschland.

 

Die diesjährige 17. Münsterische Sozialrechtstagung will an dieser Stelle bewusst einen anderen Weg beschreiten und befasst sich deshalb mit der Frage, ob der Weg aus der Krise nicht vielmehr über eine Annäherung der Systeme erfolgen sollte. Ohne die Dualität von GKV und PKV prinzipiell in Frage zu stellen, wollen wir untersuchen, wo ein Miteinander sinnvoller erscheinen könnte als ein Gegeneinander. Mit Einführung des § 194 Abs. 1a SGB V, wonach die Krankenkassen ihren Versicherten auch private Zusatzversicherungen vermitteln dürfen, hat der Gesetzgeber bereits einen Schritt in diese Richtung gewiesen. Wir wollen nun untersuchen, wie weit solche Kooperationen gehen können und sollten. Ein besonderes Schlaglicht wollen wir außerdem auf die Frage richten, wie die privaten Krankenversicherer dem ständig steigenden Kostendruck begegnen können. Hier stellt sich die Frage, ob nicht die Steuerungsmechanismen der GKV Pate stehen können für ein entsprechendes Instrumentarium der PKV.

 

Auf der Veranstaltung kommen anerkannte und sachverständige Referenten aus dem Bereich der Aufsicht, der Hochschule, der Krankenkassen und Privatversicherer sowie der Anwaltschaft zu Wort. Der Vormittag wird der Analyse des Verhältnisses von GKV und PKV gewidmet sein. Hier geht es zum einen um eine Bestimmung des rechtlichen status quo, aber auch darum, Möglichkeiten und Chancen einer Zusammenarbeit auszuloten. Einen einführenden Vortrag über das Nebeneinander der Systeme wird Frau Prof. Dr. Katharina von Koppenfels-Spies von der Universität Freiburg halten. Für eine Bewertung möglicher Kooperationen von GKV und PKV aus aufsichtsrechtlicher Sicht konnten wir den Präsidenten des Bundesversicherungsamtes, Herrn Dr. Maximilian Gaßner, gewinnen. Im Anschluss wird Herr Werner Terlohr, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten IKK, eine Bewertung bereits bestehender Kooperationen aus der Sicht der Krankenkassen vornehmen und vor allem auch mögliche Perspektiven für die Zukunft aufzeigen.

 

Am Nachmittag werden sich unsere Referenten schwerpunktmäßig mit der Frage beschäftigen, welche Mechanismen der PKV zur Verfügung stehen, die Leistungserbringung und damit letztlich ihre Ausgaben sinnvoll zu steuern. Eine Standortbestimmung wird hier zunächst Herr Dr. Volker Leienbach, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Verbands der Privaten Krankenversicherung e.V. aus Köln, vornehmen. Herr Stephan Hütt, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner bei Bach, Langheid & Dallmayr in Köln, wird im Anschluss die zu Gebote stehenden Steuerungsmechanismen vor allem auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bewerten. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang natürlich auch die ökonomische Dimension. Eine Einschätzung dazu wird Herr Professor Dr.  Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen abgeben. Für die Bewertung der praktischen Umsetzung solcher Steuerungsmechanismen werden wir schließlich einen Vertreter aus den Reihen der privaten Versicherungswirtschaft hören.

 

Im Anschluss an die Fachvorträge werden die Referenten im Rahmen einer Podiumsdiskussion die bis hierhin gefundenen Ergebnisse erörtern und versuchen, gemeinsam konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis zu erarbeiten.

 

Insgesamt soll die diesjährige 17. Münsterische Sozialrechtstagung einen Überblick darüber geben, wie das Verhältnis zwischen GKV und PKV rechtlich einzuordnen ist und Antwort darauf geben, wie beide Systeme voneinander lernen können. Der Fokus liegt dabei einerseits auf der Frage, ob und inwieweit Kooperationen ein Mittel der Wahl sein können. Andererseits soll untersucht werden, wo Möglichkeiten zur Steuerung der Leistungsausgaben, wie sie im Bereich der GKV seit langem etabliert sind, auch im Rahmen der PKV implementiert werden können.